Meine Geschichte beginnt wahrscheinlich wie die vieler Fotograf:innen. Als Teenie die erste Digicam in den Händen gehabt, mit 18 die erste Spiegelreflexkamera geschenkt bekommen und aus Hobby wurde schnell Leidenschaft.
Trotzdem sollte es viele Jahre dauern, bis ich mich traute, das wirklich beruflich zu machen.
Über die Medizin zur Kamera
Mein eigentlicher damaliger inniger Wunsch Hebamme zu werden hatte in den ersten Anläufen leider nicht geklappt. Also begann ich eine Ausbildung als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin. Während der Ausbildungszeit war die Kamera auch hier in meiner Freizeit kaum wegzudenken und die Leidenschaft wuchs. Bei dem Geburtstag einer Kollegin, welchen sie unter anderem mit einem Spaziergang durch den Schlosspark Sanssouci in Potsdam feierte, hatte ich ebenfalls die Kamera mit, um – mal wieder – Fotos vom schönen Park zu machen. Doch irgendwie entwickelte es sich zu meinem ersten “richtigen” Fotoshooting mit Personen und wir hatten alle so viel Spaß daran. Diese Fotos mag ich heute noch.
Ich würde fast sagen, das war die Geburtsstunde meiner fotografischen Karriere, auch wenn ich erst drei Jahre später wirklich damit begann. Denn nach der Ausbildung und eine Stelle auf einer peripheren Kinderstation später, habe ich nach dem ersten Jahr der Klinikarbeit festgestellt, dass das nicht meine Zukunft sein wird. Also bin ich mit den Stunden runter gegangen, habe mir die Erlaubnis für eine Nebentätigkeit beim Arbeitgeber geholt und habe ich mich als freiberuflichen Fotografin nebenbei selbstständig gemacht.
Fotografieren oder doch Studium?
Keine Ahnung von irgendetwas, außer, wie man meine Kamera bedient, dafür aber einen starken Willen und Drang, diesen damals noch heimlichen Wunsch in die Tat umzusetzen. Schon immer war ich eher der Typ “learning by doing” und habe mir dadurch über die Jahre einfach alles rund ums Selbstständig sein selbst beigebracht und mich fotografisch natürlich weiterentwickelt und ausprobiert. Dank dem Schichtdienst ging dies auch gut zu vereinbaren.
Fotografiert habe ich vor allem Hochzeiten, Paare, Familien, Babybäuche und Babys. Heute sage ich, dass ich Lifestylefotografin war, denn auch ein wenig Eventfotografie und auch Ausflüge in die Produkt- und Modelfotogafie gab es, also eine kunterbunte Mischung. So habe ich ganze neun Jahre mir nebenbei etwas dazu verdient und gleichzeitig ein kleines Fotografie-Business aufgebaut.
Trotzdem habe ich es eher klein gehalten. Den Job in der Klinik gab ich zwar nach drei Jahren auf (ich glaube über die Arbeitsbedingungen und Umstände als Pflegekraft brauche ich nicht sprechen), wagte dann aber immer noch nicht den Schritt in die Vollselbständigkeit und studierte hingegen Anglistik und Medienwissenschaften. Einerseits war das schon immer mein Plan B und ich wollte unbedingt einmal studieren (und bei englischer Literatur werde ich einfach schwach), andererseits habe ich es mir insgeheim auch nicht zugetraut.
Hochzeitsmüdigkeit und negative Selbstbilder
Also fotografierte ich munter weiter neben meinem Studium, sammelte Erfahrungen (in alle Richtungen) und habe mein Fotografie-Handwerk verfeinert. Zum Ende des Studiums hin kristallisierte sich dann (doch endlich) der Wunsch, das Fotografieren größer und wirklich eine Profession daraus zu machen. Und wozu braucht man schon einen Studienabschluss, wenn man Fotografin sein kann? (Das Studium habe ich aber, auch wenn es lange gedauert hat, bis zum Ende durchgezogen und das hätte ich an vielen Punkten selbst nicht gedacht. Heute bin ich aber sehr froh darüber)
Aber vor allem war ich müde, Hochzeiten und Co. zu fotografieren. Ich wollte mich herausfordern, etwas neues wagen und hatte in der Zeit meine Leidenschaft für Portraits, aber vor allem für die Menschen dahinter entdeckt.
Wie oft habe ich in den letzten Jahren gehört, “den Bauch machst du im Nachhinein aber noch weg, oder?”, “ich bin so unfotogen” oder “ich traue mich nicht vor die Kamera” – und das ging mir ziemlich auf die Nerven. Nicht, weil die Menschen das immer sagen, sondern weil ich oft nicht nachvollziehen konnte, warum sie das sagten. Diese geballte Selbstkritik und schlecht über sich selbst denken hat mich zum Nachdenken gebracht und mir immer mehr die Augen dafür geöffnet, was das Patriarchat und unsere vorherrschenden Schönheitsideale, ganz zu Schweigen von Social Media, mit uns anstellen. Und dabei rede ich nicht nur von weiblich gelesenen Personen, sondern allen Geschlechtern.
Hallo waldfrei
Dadurch, dass ich natürlich als Fotografin auch selbst von mir Fotos brauchte, um meinen Außenauftritt zu haben, musste ich auch von mir Fotos machen lassen und genau das war es doch, was ich insgeheim mit “ich bin die Fotografin” vermeiden wollte. Denn in den ganzen Aussagen oben, habe ich mich auch oft wiedererkannt. Doch die Erfahrung, von mir Portraits machen zu lassen und zu haben (so sehr ich mich am Anfang gesträubt habe), war so unglaublich positiv verändernd, dass ich da erst, und gepaart mit den Reaktionen meiner Kund:innen, erkannt habe, welche Wirkung und Macht Portraits von uns selber auf unser Selbstbild haben können.
Zudem habe ich in den Jahren festgestellt, dass ich den kleinen 1:1 Rahmen mehr schätze und auch einfach besser damit umgehen kann und dementsprechend auch bessere Ergebnisse bringe, als wenn es mehrere Personen oder sogar große Hochzeiten sind (#introvert). Und endlich habe ich mich bereit dazu gefühlt, doch “aus meinem Hobby einen Beruf” zu machen – waldfrei war (mit kleinem Umweg) geboren.
Wenn ich so auf meine Fotografie Karriere zurückblicke, bin ich ganz schön erstaunt darüber, was ich damit alles schon erlebt habe und vor allem, wie weit ich bereits damit gekommen bin. Auch wenn ich an vielen Punkten sicherlich schon weiter sein könnte, bin ich froh, alles in meinem eigenen Tempo zu machen und vor vermeintlichen Rückschritten nicht gescheut habe. So etwas macht man sich viel zu selten bewusst.
Warum ich mich nun für Portraits und Personal Branding Fotos entschieden habe und keine Hochzeiten mehr fotografiere, schreibe ich irgendwann einmal in einem anderen Beitrag nieder, dieser hier ist eh schon viel zu lang.
Also herzlichen Dank, wenn du es bis zum Ende geschafft hast!
Love
PS: Wenn du wissen willst, warum waldfrei waldfrei heißt, dann klicke einmal hier.